Ausgewählte Neuerscheinungen westfälischer Autor*innen.
Sonstige Literatur
Wasserstandsmeldung
Wilhelm Gruber
Tredition, Hamburg 2020
„Linda, wenn du ihm wirklich etwas bedeuten würdest, dann hätte er dir längst geschrieben. Soviel kann ich dir versprechen: Von diesem Erni wirst du nie wieder etwas hören oder sehen.“
Mehr als fünfzig Jahre nach diesen Worten ihrer Mutter steht er plötzlich vor ihr, ein unverhofftes Wiedersehen. Wobei, eigentlich müsste ja auch er in der Zwischenzeit ein bisschen älter geworden sein. Dieser Sache muss Linda auf den Grund gehen: „Kennen Sie einen Erst Patolak?“
(Klappentext)
T.C. Solaris - Erinnerungen
Thomas Fillinger
Book-King, Hamburg 2020
„Weil ich sehe, bin ich.
Weil ich nicht bin wie sie, bin ich, denn ich sehe.
Weil ich sehe, bin ich.“
Ein Junge wird geboren, doch schon im Krankenhaus bemerkt er, dass es mehr gibt, als die Welt, die man sehen kann.
Zuhause rauben ihm ein zugemauerter Dachboden, Tote, die im Licht des Mondes in den Ästen eines alten Baumes vor seinem Fenster tanzen und ein Loch in der Decke seines Zimmers den Schlaf.
Schließlich klettert er durch eine nicht verschlossene Dachluke auf den Dachboden und kommt mithilfe eines sprechenden Totenschädels, den er dort in einem Geheimversteck findet und eines Buches, auf dessen Buchdeckel „Theodoris“ steht, einem düsteren Geheimnis auf die Spur, welches seine Großmutter, die ihm sonst Schutz und Trost spendet, in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.
(Klappentext)
Tausendundein Ort
Christina Müller-Gutowski
Arachne Verlag, Bonn 2020
Eine Hochhaussiedlung, eine Spielothek, ein Urlaubsidyll auf den Kanaren: In zwanzig Erzählungen entfaltet sich die Suche der Protagonist*innen nach Lebensentwürfen. Berührend, mehrdeutig, schräg. Mal als Flucht oder Transit, mal als bewusster Aufbruch: Eine verlassene Frau besteigt in HERZKIRSCHEN den schneebedeckten Baum vor ihrem Fenster. In TAUSENDUNDEIN ORT verbringt ein krebskranker Mann seine Tage am Hauptbahnhof seiner Heimatstadt. Die betagte Frau aus EINE KURZE NACHTGESCHICHTE liegt auf dem Straßenpflaster in Augenhöhe mit einem Löwenzahn. Sie alle, pendelnd zwischen Herkunft und Zukunft, sind unterwegs zu ihrem Sehnsuchtsort.
Lieb Kind
Patricia Malcher
Text/Rahmen, Wien 2020
Jens (39) ist ein guter Mensch geworden. Was, nach Meinung seiner Mutter Marianne (63), nicht zu erwarten gewesen war. Beide verbindet eine enge, unheilvolle Beziehung, die Auswirkungen auf Jens‘ Liebesleben hat. Kathrin, seine langjährige Partnerin, bricht den Kontakt ab und enthält ihm ihren gemeinsamen Sohn vor. Als Jens sich in Pia verliebt, wird es Zeit, die dominante Verbindung zu seiner Mutter zu kappen. Doch Marianne ist anderer Ansicht. Denn sie hat einen guten Grund, Jens im Auge zu behalten.
(Klappentext)
Über die blaue Steppe
Matthias Engels, Thomas Kade, Thorsten Trelenberg (Hrsg.)
Gorki - Pjatigorsk
Dortmunder Buch, Dortmund 2020
Ein literarischer Jubiläumsgruß zum 100jährigen Bestehen der Zentralen Stadtbibliothek M. Gorki - Pjatigorsk
Auch in schwierigen Zeiten gelingen über Ländergrenzen hinweg wunderbare Projekte. Unter dem Titel “Über die blaue Steppe” präsentiert der Lyriker und Flusspoet Thorsten Trelenberg einen literarischen Jubiläumsgruß zum 100jährigen Bestehen der Zentralen Stadtbibliothek M. Gorki in Pjatigorsk. Gemeinsam mit seinen Mitherausgebern Matthias Engels und Thomas Kade freut sich Thorsten Trelenberg über die rege Begeisterung der Mitschreibenden. “Schnell hatten wir 25 Autor*innen zusammen, die zum Gelingen dieses internationalen Projektes ihren Beitrag leisten wollten”, erzählt Trelenberg. Die nun vorliegende zweisprachige Anthologie ist eine weitere Veröffentlichung in dem von Erich Fritz und Thorsten Trelenberg initiierten Westfälisch-Kaukasischen-Literaturkreises. Für die großartige Unterstützung bedanken sich alle Mitwirkenden bei der Auslandsgesellschaft.de und der Deutsch-Russischen-Akademie-Ruhr.
Zwischen Emscher und Paschenberg: Miniaturen aus einer Kindheit und Jugend im Ruhrgebiet
Heinz Schumacher
Athena Verlag, Oberhausen 2020
Wie in einer Zeitreise wird uns eine Welt vorgestellt, die es heute so nicht mehr gibt, deren Lebensgefühl der Autor mit knappen Worten, aber mit Präzision vor uns erstehen lässt.
Abläufe im Alltag eines Kindes, eines Jugendlichen zwischen Emscher und Paschenberg, die es bis auf regionale Besonderheiten auch in anderen Gegenden der Republik ähnlich gab.
Der Hof des Mehrfamilienhauses als Lebenswelt, eine Familie unter den für die Nachkriegszeit typischen Existenzbedingungen, eigenartig-kauzige Individuen, die das Stadtbild mitprägen, die Schule als unangefochtene Autorität, die Kirche als machtvolle Institution, die kriegsversehrten Männer. Doch auch so wunderbare Erscheinungen wie Lurchi-Hefte, das Aufkommen von Genüssen wie »Kalte Schnauze«, die Taubenzucht, Wanderungen und Verwandtenbesuch mit Wicküler oder Dortmunder Union am »Sonntag in der kleinen Stadt«. Nicht zu vergessen die Buttercremetorte und der Garten als erholsames, gepflegtes Paradies. Ein Rückblick auf ein Damals, das viele kennen, aber auch »ein Versuch, etwas zu bewahren und der Endgültigkeit des Vergessens zu widersprechen «
Das alles mag schon oft erzählt worden sein, aber der Autor verleiht seinem Werk eine besondere Dichte durch literarische Bezüge und eigene philosophisch anmutende Vorbemerkungen und Zwischentexte. Er schreibt seine Erinnerungen, erlaubt aber mit Hemingway, dass der Leser dieses Buch auch als Werk der Fantasie ansehen darf.
(Klappentext)
Aus der Spur
Heinrich Peuckmann
Kulturmaschinen Verlag, Hamburg 2020
Die Schließung seiner Dortmunder Zeitung hat Ulrich völlig überrascht. Von einem Tag auf den anderen hat er seinen gewohnten Lebensrhythmus verloren. Nur langsam gelingt es ihm, seine Tage mit Inhalt zu füllen. Erinnerungen, lange verschüttet, werden wach, an seine Jugend, an seine Hoffnungen, an all die politischen Kämpfe, als die Welt im Ruhrgebiet noch einfach erschien. Hier die Arbeiten, dort die Kapitalisten. Eine Liebesgeschichte begleitet ihn, vor allem aber findet er zurück zu einer großen Hoffnung, die sein Leben immer begleiten sollte.
(Klappentext)
Unterwegs zum Selbstsein. Beweggründe des Reisens
Alfons Huckebrink, Gudula Ritz
Sonderpunkt Verlag, Greven 2020
„Chi n’esce rinasce – Wer weggeht, wird wiedergeboren“, besagt ein verbreitetes sizilianisches Sprichwort. Was ist das Reisen für ein rätselhaftes Bedürfnis, welche Motive liegen ihm zugrunde?
Dieses Buch befasst sich unter anderem mit einigen der bedeutendsten Reise-berichte in der Literaturgeschichte, mit verschiedenen philosophischen Ansätzen und mit Erklärungsmodellen aus der Psychologie, um Antworten auf diese Fragen von unterschiedlichen Blickwinkeln her zu erhalten.
(Klappentext)
Arbeit am Text
Iuditha Balint (Hg.)
Verbrecherverlag Berlin 2020
Die deutschsprachige Literatur interessiert sich nicht für die Arbeitswelt. So heißt es jedenfalls vielfach in der Literaturwissenschaft und Literaturkritik, die regelmäßig die Abwesenheit von Arbeit in der deutschsprachigen Literatur beklagen. Vor diesem Hintergrund mag es überraschen, dass seit den 1970er Jahren immer mehr Untersuchungen zu diesem Themenfeld publiziert werden – und es drängt sich die Vermutung auf, dass die Rede von der Abwesenheit von Arbeit in der neueren deutschsprachigen Literatur mit herkömmlichen Vorstellungen darüber zusammenhängen könnte, was Arbeit ist und wie literarische Darstellungen von Arbeit beschaffen sein sollten; Vorstellungen, die auf Reminiszenzen an körperliche, industrielle Schwerstarbeit aufbauen, die in der Regel männlich konnotiert ist und die gerade in der zeitgenössischen Literatur durch andere Formen von Arbeit ergänzt wird: Schriftstellerische, künstlerische, unternehmerische oder auch emotionale, ästhetische und Care-Arbeit gehören dazu.
Auf die Frage, wie sie es mit ihrer und der Arbeit allgemein halten, haben Jörg Albrecht, Jonas Lüscher, Kathrin Passig und Rainer Komers in diesem Band mit Poetikvorlesungen und in Interviews geantwortet.
Woher weht der Wind, der die Welt verändert?
Gerd Puls
Ventura Verlag Werne 2020
Im Rahmen einer seit RUHR 2010 bestehenden deutsch-französischen Autorenfreundschaft gab es immer wieder gegenseitige Arbeitstreffen, meist in Amiens, Dortmunds französischer Partnerstadt, aber auch im Süden Frankreichs sowie im Ruhrgebiet, in Städten wie Dortmund und Bochum oder dem Kreis Unna.
Bei diesen Begegnungen standen vorrangig gesellschaftliche Themen im Mittelpunkt, wie z.B. in beiden Ländern unterschiedliche Auffassungen und literarische Herangehensweisen und Auseinandersetzungen beim Thema Arbeit, sowie die vielfältigen und massiven Verwerfungen, Einschnitte und Brüche hervorgerufen beispielsweise durch Digitalisierung und Globalisierung, den Folgen des Klimawandels, den Auswirkungen von Migration und eines weltweiten Rechtsrucks.
Im Anschluss an den letzten französischen Besuch im Kreis Unna gab Gerd Puls dieses Buch heraus mit Beiträgen von Tatiana Arfel, Klaus Goehrke, Thomas Kade, Josef Krug, Anja Liedke, Artur Nickel, Heinrich Peuckmann, Gerd Puls, Martine Silberstein und Thorsten Trelenberg.
Das Titelbild Im Wind zeigt eine Farbzeichnung von Gerd Puls.
Autobahn mit Raubvögeln
Josef Krug
Free Pen Verlag 2020
Mit Holzschnitten von Horst-Dieter Gölzenleuchter
Das erste, was Bruno sah, waren Flecken von Weiß in der Straße, so als hätte es geschneit ...; dann sah er, dass es Bettfedern waren. ...
Von "Brunos Kristallnacht" bis "Hundebekanntschaft" setzen sich die 15 Geschichten des Bandes u.a. mit der deutschen Vergangenheit und dem, was davon noch immer da ist, auseinander, erzählen von Begegnungen mit "Fremden" und mit dem Fremden im Eigenen.
Ab und zu kommt sie vorbei, bringt einen Sack Trockenfutter, legt Geld auf den Tisch für die Auslagen, die ich mit Senta habe, und schneidet mir bei der Gelegenheit die Haare ... Aber was ist das schon: Haareschneiden!, wenn sonst nichts mehr ist? ...
Die sehende Sintiza. Buchela - Pythia von Bonn
Monika Littau
Rhein Mosel Verlag 2020
Oktober 1899. Mitten in der Natur wird ein Mädchen geboren. Die Eltern nennen es laut Taufurkunde Margarethe. Ihr Rufname aber ist Buchela, denn geboren wurde sie unter einer Buche. Die Buchela war eine Sintiza, war Fahrende und Sesshafte, war Hausiererin, Wahrsagerin, psychologische Beraterin. Im Nationalsozialismus wurde ihre Familie verfolgt, inhaftiert, deportiert und ermordet. Aber in der Nachkriegszeit machte ihre Vorhersage des Wahlsiegs von Konrad Adenauer Margarethe Goussanthier zur berühmten Persönlichkeit. Madame Buchela wurde zur Pythia von Bonn.
Lesebuch Heinrich Peuckmann
Zusammengestellt vom Autor und mit einem Nachwort von Gerd Puls
Nylands Kleine Westfälische Bibliothek 91, 2020
Das Lesebuch Heinrich Peuckmann ist eine Zwischenbilanz seines literarischen Schaffens. Es enthält Gedichte, Erzählungen, dazu Roman- und Novellenauszüge, u.a. aus der Novelle "Die lange Reise des Herrn Balzac", dazu aus den Ruhrgebietsromanen "Saitenwechsel", "Die Schattenboxer" oder "Leere Tage".
Das ist es, denkst du plötzlich, was
du ergänzen könntest zu Paris
deine Hoffnungen von damals
deine Träume, Anteil zu nehmen
an der Bohème. Wie sie es
taten, die Großen, die Gréco
Boris Vian, die Maler
nicht nur Picasso, nein
viele andere mehr. Bohème denkst du
was für ein Traum und lachst, nicht
dieses Café, nicht Les deux Magots
nicht Saint-Germain des Prés
Dein Café, es liegt in Kamen
Blick auf den Markt, nicht
schlecht, aber...
aus: Les deux Magots.
Hin und nicht weg
Lisa Keil
S. Fischer Verlag 2020
Willkommen zurück auf dem Land: der zweite Roman von Lisa Keil, der Tierärztin, die sich ins Schreiben verliebte.
Rob Schürmann ist als Tierarzt Tag und Nacht im Einsatz, und die Herzen der Tierbesitzerinnen fliegen ihm zu. Er will nur eine, aber die heiratet einen anderen.
Anabel aus Berlin tritt den Aushilfsjob in der Praxis Schürmann mit gemischten Gefühlen an. Schließlich passt sie mit ihren Tattoos und ihrem selbstbewussten Auftreten nicht ins beschauliche Neuberg und schon gar nicht an die Seite des charmanten Tierarztes. Zwischen Hufverbänden und Pfotenoperationen geraten die beiden immer wieder aneinander. Und kommen sich näher. Doch plötzlich steht ein dramatischer Notfall zwischen ihnen und ändert alles.
HÖLDERLINKS. Türme, Wolkenkratzer, Wohngebäude
Matthias Engels, Thomas Kade, Thorsten Trelenberg
projektverlag 2020
Hölderlin in 73 lyrischen, dokumentarischen, prosaischen Stücken zum Zusammensetzen
Die Herausgeber verlinken Hölderlin mit Autor*innen und Orten, der Gesellschaft und Wirtschaft von heute, beleuchten viele Facetten seines Lebens und Werkes: Zeitung- und Verlagswesen, medizinische Versorgung, Fern-Reisen, Psychiatrie, Apotheken, Nahrungsmittel, Veröffentlichungsmöglichkeiten. Und natürlich Hölderlins Werke, ihre Wirkung z.B. in Kriegszeiten, Schimpfwörter.
Es gibt Nach-/Umdichtungen einzelner Gedichte, Weiterschreibungen und Bearbeitungen, Erlebnisse und Erfahrungen bei der Lektüre vom "Hyperion"; Essays über die revolutionären Vorzeichen und Zeiten heute und vor 250 Jahren; Dialoge zwischen den Studenten Hegel und Hölderlin; Auszüge aus den Briefwechseln von Schelling, Hegel und Sinclair; Presseerzeugnisse aus dieser Zeit; Beschreibung der ersten gesammelten Werke Hölderlins, und noch viele weitere Links, die von Hölderlins Leben direkt zu unseren führen. Zum Beispiel in 73 ganz kurzen Texten, in denen Hölderlin durch Dortmund wandert und Menschen begegnet, die er verstehen lernen muss. Und ein Außerirdischer besucht Hölderlin im Turm.
Mit einem Geleitwort von Rüdiger Görner.
Streitbar und umstritten. Anthologie zum Aphorismenwettbewerb 2020
Friedemann Spicker, Jürgen Wilbert (Hg.)
Edition Virgines 2020
Die Wettbewerbs-Anthologie umfasst neben den Aphorismen der ersten 30 Gewinner des DAphA-Aphorismen-Wettbewerbs 2020 zum Thema "Streitbar und umstritten" auch über 100 ausgewählte Einzelsätze, so dass der Band einen repräsentativen Querschnitt bietet und jede*r Leser*in unabhängig von der Jury die eigenen Favoriten küren kann.
Der erste Preis (500 Euro und der "Hattinger Igel") ging an Simon Bethge, geb. 1996 in Hamburg. Er studiert zurzeit Literaturwissenschaften in Frankfurt an der Oder. Er hat bereits mehrere Preise für junge Literatur und Lyrik gewonnen. Einer seiner drei eingereichten Aphorismen lautet: "Entblößten kann mann schlecht an den Kragen gehen."
Der 2. Preisträger ist Thomas Bäder aus Rosengarten (Jahrgang 1970). Er ist schon seit vielen Jahren journalistisch und künstlerisch aktiv und als Dozent für Schreibkurse tätig. Eine erste Veröffentlichung von Zeichnungen, Aphorismen und Kurztexten ist 2017 erschienen. Auch von ihm ein Textbeispiel: "Konflikte, die nicht ausgesprochen werden, führen zu Handlungen, die sprachlos machen."
Den 3. Preis teilen sich mit der gleichen Punktzahl die beiden Gewinner des Wettbewerbs 2018 Alexander Eilers (Hessisch Oldendorf) und Hans-Jürgen Stumme (Neuss).
Wilde grüne Stadt oder Im Labyrinth des entwurzelten Lebens
Marius Hulpe
DuMont Buchverlag 2019
Iran, 1960. Der junge Reza wird vom Schah-Regime als Spion nach Europa verschickt. Studieren soll er, sich ein Leben aufbauen, Wissen sammeln und es in die Heimat transferieren. Über Umwege verschlägt es ihn ins erzreligiöse Westfalen, wo er auf Clara trifft, die in ihrer Heimat fremdelt und gegen die ständige Angst ankämpft, zu enttäuschen. Auch Reza taumelt in der Fremde. In ihrem Wunsch nach Selbstbestimmung finden sie zueinander, doch die Fliehkräfte ihrer Geschichten torpedieren ein dauerhaftes Miteinander. Daran ändert auch die Geburt ihres Sohnes Niklas nichts, der sich schämt für die überbordende Liberalität seiner Eltern. Als Reza 1979 die Islamische Revolution live im Fernsehen verfolgt, begreift er, dass es kein Zurück gibt. Er kollabiert und gerät in Abhängigkeit - von einer Familie, deren Hoffnungen er selbst stets enttäuscht hat.
Fesselnd, sinnlich und einfühlsam dringt Marius Hulpe bis zum Kern dessen vor, was ein Familienleben heute bedeuten kann. Eindrucksvoll erzählt er davon, wie Ideologie und Repression, aber auch ein ungerichteter Freiheitsdrang ein Labyrinth ohne Ausweg bilden können. Ein souveränes, abgründiges, hellsichtiges Debüt. Ein Roman unserer Zeit.
Biblio Berry
Valentina Wunderlich
TWENTYSIX 2019
2091. In einer Bibliothek, eine der letzten Bastionen zum Schutz der Bücher. In einer Stadt, in der offiziell keine Bücher mehr existieren. In einer Welt, in der die Menschen kein eigenes Gedächtnis mehr haben, in der Wissen Macht ist. Hier sitzt Berry, aufgezogen vom bibliophilen Bibliothekar Vincent, in ihrem eigenen Universum und liest. Immer wenn sie ein Buch der Weltliteratur aufschlägt, verfärben sich ihre Augen von einem Dunkelbraun in leuchtendes Lila. Dann ist sie in ihrem Element, in ihrem Zuhause. Doch was passiert, wenn sie vom Leben außerhalb der Bücher erführe?
Ein weiter Weg - Von Königsberg nach Ahlen
Hildergard Offele-Aden
Anno Verlag 2019
Dieses Buch erzählt die Geschichte der Flucht einer deutschen Familie aus dem ostpreußischen Königsberg ins westfälische Ahlen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Autorin beschreibt die furchtbaren Mühen, Ängste und Schrecken des langen Weges sowie das schwierige Ankommen und Einleben in der neuen Heimat. Eine Schilderung aus der Erinnerung und den Aufzeichnungen der heute 82-jährigen Ute Plath, ergänzt um Tagebuchnotizen ihrer Mutter: eine höchst authentische, einfühlsame und anrührende Erzählung.
Apfelgelb
Wiebke Kalläne
Solibro, Münster 2019
Der spannende historische Roman versetzt den Leser ins niederländische Delft des 17. Jahrhunderts. Als der Bauernsohn Jarik de Boer nach Delft kommt, trifft er auf den noch jungen Maler Joannis van der Meer. Dieser erkennt in ihm seine eigene Leidenschaft für die Malerei und nimmt ihn bei sich auf. Doch die Leidenschaft für die Schönheit der Farben wird Jarik zum Verhängnis, als er auf die schöne Griet trifft, die sein Meister malen soll ...
Ausgangspunkt für den Roman ist das Gemälde „Briefleserin am offenen Fenster" (1657) aus dem Frühwerk von Joannis van der Meer (Jan Vermeer), dem berühmten holländischen Maler. Besonders interessant ist, dass jüngst der Beweis erbracht wurde, dass eine schon 1979 durch Röntgenaufnahmen nachgewiesene Übermalung eines Cupidos an der Wand hinter der Leserin nicht von Vermeer stammen kann. Diesen Fakt hat die Autorin in die Handlung integriert und eine Übermalung des Gemäldes durch Vermeers Tochter Maria angenommen, wie es auch von Kunstexperten diskutiert wird.
(Klappentext)